Als Team-Mannschaftseuropameister von 2016 über die Halbmarathondistanz streben die Schweizer Marathonmänner auch in Berlin im Marathon Grosses an. Tadesse Abraham (LC Uster) gehört ausserdem im Einzel zu den Mitfavoriten auf eine Medaille.
Die Bilder sind immer noch allgegenwärtig, und die mit dem Erringen des Team-Europameisterschaftstitels 2016 in Amsterdam verbundenen Emotionen lassen sich bei den Beteiligten sofort wiederbeleben. Grosse Gefühle waren es. Prägende Momente. Einmalig werden sie bleiben, mit ihrer Vehemenz. Das lange Warten im Ziel, die Ungewissheit und das Erlösende, Befreiende beim Realisieren der offiziellen Rangliste gehören dazu. „Wir haben EM-Gold gewonnen.“ Tadesse Abraham steuerte mit seinem Gold-Lauf zum Einzeltitel Wesentliches bei, ebenso Adrian Lehmann (LV Langenthal) und Julien Lyon (Stade Genève) mit den weiteren Zählergebnisse, Christian Kreienbühl (TV Oerlikon), Andreas Kempf (TSV Düdingen) und Marcel Berni (TV Länggasse) zählten ebenso zur Equipe und wurden ausgezeichnet.
Christian Kreienbühl zurück
Nun, zwei Jahre später und über die volle Marathon-Distanz, zehrt ein Quartett von den Erinnerungen in der holländischen Hauptstadt: Abraham, Kreienbühl, Kempf und Berni. „Jenes Erfolgserlebnis hat unsere Vorbereitung geprägt, hat uns angetrieben und hat den Zusammenhalt gefördert“, sagt dazu Kreienbühl. Er, damals durch Achillessehnenbeschwerden gebremst und nicht auf dem Niveau seines persönlichen Marathonrekordes (2:13:57 Stunden 2015 beim Berlin Marathon), hofft nun, seinen Beitrag zum Zählergebnis beisteuern zu können.
„Ich habe die gesundheitlichen Probleme von mehr als einem Jahr überwunden und bin nun wieder deutlich leistungsfähiger“, sagt Kreienbühl. „Alles nach Plan“ lief für ihn die Vorbereitung. Seine Möglichkeiten ausschöpfen und seine optimale Leistung erbringen will er deshalb. Und Potenzial sieht er in der Teamwertung erneut – auch wenn mit Adrian Lehmann und Julien Lyon die beiden Lieferanten des Zählergebnisses vom vorletzten Jahr neben Tadesse Abraham verletzungsbedingt fehlen.
Tadesse Abraham aus Äthiopien
„Für ein tolles Teamresultat sind wir natürlich wieder auf Tade angewiesen“, sagt Kreienbühl und meint Tadesse Abraham. „Er läuft in einer anderen Liga“, fügt er respektvoll an. Nachdem der mittlerweile 36-Jährige vor vier Jahren als „Neoschweizer“ vor allem an der nervlichen Belastung gescheitet war und als Neunter in Zürich eine Enttäuschung erklären musste, ist seine Entwicklung seither mehr als überzeugend. Nicht nur der Halbmarathontitel vom vorletzten Jahr steht dafür, sondern in noch stärkerem Mass Platz sieben im Olympia-Marathon von Rio de Janeiro sowie im letzten November Rang fünf beim wohl prestigeträchtigsten Marathon in New York – und das nach einem Ermüdungsbruch im Frühling. Wie zuletzt immer bewährt, hat sich Abraham während Monaten in der Höhenlage Äthiopiens vorbereitet. Entsprechend optimistisch reist er direkt von dort an. In der Einzelwertung gehört er mit seiner persönlichen Bestleistung von 2:06:40 Stunden (Schweizer Rekord) eindeutig zu den Favoriten auf eine EM-Medaille.
Kooperation untereinander
Während Abraham auf die Qualität der internationalen Gruppe gebaut hat, kooperierten die Schweizer vielfach untereinander. Kreienbühl, der die familieneigene Ferienwohnung im Engadin nutzte wie noch nie, streicht das Kollegiale unter den Schweizer Marathon-Spezialisten heraus. „Wir pflegen einen sehr freundschaftlichen Kontakt untereinander und arbeiteten während Wochen gemeinsamt in Richtung Berlin“, sagt er. Gemeinsam hätte sie sich weitergebracht, ist Kreienbühl überzeugt. Dass mit Lehmann und Lyon zwei Leistungsträger ausfallen, dünkt ihn natürlich schade. Mit Patrik Wägeli (LC Frauenfeld), und auch mit Geronimo von Wartburg (LV Winterthur) sind aber zwei weitere Athleten eines ähnlichen Levels ins Team gekommen. Marcel Berni und Andreas Kempf gehören ihm wie schon 2016 an. „Und vielleicht“, so Kreienbühl, „gelingt es uns erneut, einen Coup zu landen.“
(jg)