Tadesse Abraham an der EM 2018 in Berlin (Photo: athletix.ch)
Tadesse Abraham (Photo: athletix.ch)

Tadesse Abraham, der Vorwärtsfokussierte

Mit dem Gewinn der EM-Silbermedaille im Marathon hat Tadesse Abraham (LC Uster) Mitte August seine Qualitäten einmal mehr ausgespielt. Und der 36-Jährige hat sich weitere Ziele vorgenommen. Schnell ist er wieder auf die Erfolgsspur eingebogen.

Halbmarathon-Europameister 2016 in Amsterdam und nur wenige Wochen später Olympia-Siebter in Rio de Janeiro, letzten November hervorragender Fünfter am prestigeträchtigen New York Marathon und jüngst Silbermedaillengewinner an den Europameisterschaften in Berlin über die 42,195 km. Tadesse Abraham hat sich zum Mann der grossen Leistungen am Tag x entwickelt – und natürlich zu einem Leistungsträger von Swiss Athletics.

Das Rezept zum Erfolg scheint Abraham gefunden zu haben – auch bei Rückschlägen wie dem Ermüdungsbruch im Frühling 2017. Ein konsequentes Leben für den Langstreckenlauf verkörpert er. Regelmässige Trainingsaufenthalte in Äthiopien, dem Nachbarland seiner ursprünglichen Herkunft Eritrea, zählen dazu. In einer hochkarätigen Gruppe läuft er dort und profitiert – nicht zuletzt wegen der identischen Mentalität und dem Sprechen in der Muttersprache. Er nimmt die Distanz zu Frau und Sohn auf sich – und geniesst Perioden des gemeinsamen Alltags umso mehr.

Rekord am Greifensee
Nach der EM genoss Abraham sechs Wochen zu Hause bei der Familie in Genf. Der Regeneration nach dem Marathon schenkte er die nötige Beachtung. Und viele Stunden genoss er mit seinen Liebsten. Struktur kehrte rasch zurück in seinen Alltag. Nach einem Monat begann er sich wieder mit intensiven, kurzen Einheiten zu fordern. Und die Rückmeldungen des Körpers schenkten ihm schnell wieder das nötige Selbstvertrauen. Am Greifenseelauf Mitte September zeigte er, was es heisst, Chef im Feld zu sein. Souverän realisierte er seinen fünften Triumph – ein einmaliger Rekordwert in der Geschichte des Klassikers mit 39 Austragungen.

Motivation tankte er dabei. Er, der für den LC Uster startet und wie seit den frühen Anfängen in der Schweiz von Urs Zenger betreut wird, genoss ein „Heimspiel“. Will heissen: eine einzigartige Unterstützung und Ovationen entlang der 21,1 km. Abraham gewann gegen die respektable Konkurrenz aus Ostafrika souverän. „Toll, so zurückzukehren so kurz nach dem Saisonhöhepunkt“, sagte er. Zu einem andern Motivationskick war er bereits am Wochenende zuvor am Berlin-Marathon gekommen. Das Weltrekordrennen von Eliud Kipchoge verfolgte er als Repräsentant seiner Hauptsponsoren vor Ort. Von „einem einzigartigen Adrenalinkick“ sprach er.

Bald wieder nach Äthiopien
Die Energie will Tadesse Abraham mitnehmen. Am 7. Oktober bestritt er den Murtenlauf, den er ebenfalls als Sieger beendete. Am 23. Oktober verlässt er seine engsten Vertrauten erneut und fliegt nach Äthiopien. Das nächste Marathon-Projekt treibt ihn an. Und das heisst wiederum: sieben Tage die Woche arbeiten, 12 bis 14 Trainingseinheiten zu gestalten: harte, lange, hochintensive, lockere, und die richtige Balance zu finden. „Der Alltag besteht dann wieder aus laufen, essen, schlafen und ist sehr eindimensional“, sagt er. Abraham aber weiss, wohin diese Konsequenz führen soll: zum einem weiteren Topresultat. Realisieren will er dieses am 25. Januar beim Dubai Marathon. Auf dem Weg dorthin kehrt er noch einmal für eine Woche in der Schweiz zurück. An der Escalade in Genf (1. Dezember) wird er einen wichtigen Formtest bestreiten – bevor es für die finale Vorbereitung wieder nach Äthiopien geht.

(gg)