Die EM-Silbermedaille hat bei der Steeple-Rekordhalterin Fabienne Schlumpf (TG Hütten) Hochgefühle ausgelöst. Und diese zeigen sich weiter, wie sie beim Greifenseelauf und bei ihrem Schweizer Rekord über 10 km auf der Strasse in Berlin bewies.
Wer die neue Vorzeigeathletin des Schweizer Langstreckenlaufs in ihrer Hauptdisziplin nach dem bisherigen Karrierehöhepunkt sehen wollte, musste passen. Fabienne Schlumpf lief nach der Parforce-Leistung im EM-Final über 3000 m Steeple und dem zweiten Platz nicht mehr über die Hindernisstrecke. Mit dem Fehlen passender Startmöglichkeiten – zum Beispiel bei Weltklasse Zürich – hing dies zusammen. Ebenso aber mit dem Energieverbrauch. Schlumpf hatte sich im Frühling mit muskulären Problemen im Oberschenkel herumgeschlagen. Der Formaufbau war ins Stocken geraten. Die Vorbereitung auf die EM erforderte viel Einsatz – und war auch mental sehr fordernd.
In einem einzigen Nach-EM-Rennen nutzte Schlumpf die EM-Form allerdings. Acht Tage nach ihrem grossen Auftritt in Berlin stellte sie in Regensdorf mit 4:17,33 Minuten eine neue persönliche Bestmarke über 1500 m auf – in jener Distanz, in der sie vor der EM auch Schweizer Meisterin geworden war. Von „auseinanderdriftenden Gefühlen in den Tagen zuvor“, sprach sie danach. Zum einen beflügelten die Glückshormone, ebenso aber zeigte sich die Müdigkeit. Erst beim Warmlaufen kehrte „ein gutes Körpergefühl und der Resultathunger zurück“, beschrieb sie. Es gelang ihr die persönliche Vorgabe zu erfüllen: „Ein letztes Mal Spass haben und schnell rennen.“
Stark aus der Saisonpause
Es folgte die verdiente Saisonpause. Doch schon nach vier Wochen kehrte Fabienne Schlumpf auf die Wettkampfbühne zurück. Einen lang gehegten Wunsch erfüllte sie sich dabei: den Greifenseelauf bestreiten, verbunden mit „einem Heimrennen auf einer Heimstrecke.“ Schlumpf wuchs in Oetwil am See auf und wohnt mittlerweile in Wetzikon, unweit vom Herbstlauf-Klassiker in Uster. Und obwohl sie nach zwei Wochen ohne gezieltes Laufen und ohne Trainingsplan und unmittelbar zurückliegendem Wiedereinstieg in den Trainingsalltag antrat, siegte sie. Von „einem Riesenerlebnis mit Dauerunterstützung vom Streckenrand“ sprach sie. Interessant dabei: Schlumpf trat zum zweiten Mal an nach 2012. Damals, mit 22, zählte sie zwar bereits zur Schweizer Steeple-Elite. Platz 21 belegte sie beim Greifenseelauf. Ihre Entwicklung seither zeigt sich beim Vergleich der Steeple-Bestzeiten (9:55,50 zu 9:21,65 Minuten), eindrücklicher fast noch über die 21,1 km um den Greifensee (1:20:20 zu 1:15:30 Stunden).
Mitte Oktober liess Fabienne Schlumpf bereits die nächste Topleistung folgen. Beim internationalen 10-km-Lauf in Berlin stellte sie in 32:01 Minuten einen Schweizer Rekord auf. Sie verbesserte dabei ihre eigene nationale Bestmarke, die sie im Februar 2017 in Payerne aufgestellt hatte, um 6 Sekunden.
Medaille an der Cross-EM?
Exakt definiert hat die bald 27-Jährige ihre läuferische Zukunft noch nicht. Zusammen mit ihrem Lebenspartner und Coach, Nationaltrainer Michi Rüegg, geschieht dies Schritt für Schritt. Festgelegt ist aber der nächste Höhepunkt: die Cross-Europameisterschaft Anfang Dezember in Tilburg (NED). „Ein Topresultat“ strebt sie an. Im Kampf um die Medaillen will sie mitreden. Zur Vorbereitung wird sie einen erprobten Weg einschlagen: mit der Corrida Bulloise auf der Strasse sowie zwei Cross-Einsätzen in Regensdorf und Tilburg (internationales Cross, zwei Wochen vor der EM).
Schlumpf plant längerfristig eine stärkere Gewichtung der Strasse. Ihr Marathon-Debüt plant sie für 2019 oder 2020. Im Hinblick auf Olympia 2020 in Tokio dürften aber die 3000 m Steeple weiterhin im Vordergrund stehen. Von dieser Entscheidung abhängen wird, wie sie die Wintermonate gestalten wird. Wenn nicht im Marathon dürfte sie erneut im Halbmarathon Akzente setzen. Am Schweizer Rekord, den sie vergangen Frühling an Martina Strähl verloren hat, wird sie sich orientieren. Die aktuelle Saison mit ihren Erfolgen sorgt für ein erstklassiges Motivationslevel.
Link zur Website von Fabienne Schlumpf
(gg)