Die Blutbildung wird angeregt, aber die muskuläre Leistung nimmt ab – wer in der Höhe trainiert, begibt sich im wahrsten Sinn auf eine Gratwanderung. Die wichtigsten Tipps.
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Welches Ziel will ich erreichen? Diese Frage steht am Anfang des Höhentrainings. Denn Höhentraining ist nicht gleich Höhentraining: Geht es darum, sich auf einen Wettkampf im Gebirge vorzubereiten, beispielsweise auf einen Alpinmarathon? Oder soll das Hohentraining Trainingsreize setzen, um so die Leistungsfähigkeit im Flachland zu steigern? Je nach Ziel sind andere Aspekte wichtig.
„Train high – live high“?
Wer an einem alpinen Wettlauf die optimale Leistung erbringen möchte, muss möglichst gut an die entsprechende Höhe akklimatisiert sein. Dazu sollte man zuvor in der Höhe trainiert haben, nach dem Motto «Train high – live high», also «Trainiere in der Höhe und lebe in der Höhe». Diese Art des Höhentrainings ist – im wahrsten Sinn – eine Gratwanderung: Die Gefahr des Übertrainings ist dabei deutlich grösser als im Flachland. Um nicht in die Erschöpfung zu geraten, muss man die übliche Trainingsintensität reduzieren und langsamer trainieren als sonst. Der Haken daran: Die muskuläre Leistung passt sich dem rasch an – und nimmt folglich in der Höhe ab. Ein Ausweg aus diesem Dilemma kann zum Beispiel sein, die Akklimatisation auf mehrere kurze Episoden von jeweils drei oder vier Tagen zu verteilen. Also regelmässig ein paar Tage das Training in der Höhe absolvieren, dazwischen aber immer wieder im Flachland trainieren.
Weil in der Höhe die Luft «dünner» ist nehmen die roten Blutkörperchen dort weniger Sauerstoff auf als sonst. Um die Sauerstoffversorgung der Organe zu verbessern, scheidet der Körper zunächst Blutplasma aus und «verdickt» das Blut. Zudem pumpt das Herz schneller und erhöht so das pro Minute gepumpte Blutvolumen. Eine Faustregel, um wieviel schneller der Puls im Gebirge schlägt, gibt es jedoch nicht. Deshalb können die Trainingsbereiche aus einer im Flachland durchgeführten Leistungsdiagnostik nicht einfach in die Höhe übertragen werden. Auch die subjektive Einschätzung der Trainingsintensität liegt häufig weit daneben, insbesondere wenn die Erfahrung mit Training in der Höhe fehlt. Am besten in die Höhe übertragbar ist die Einschätzung anhand der Atmung. Wie im Flachland gilt auch hier für das Grundlagenausdauertraining, dass man sich beim Laufen noch in kurzen Sätzen unterhalten können sollte. Wer es genau wissen will, kommt um eine Leistungsdiagnostik in der Höhe nicht herum. Dies ist aber meist schwer zu realisieren.
Oder doch „sleep high – train low“?
Während Studien eindeutig belegen, dass Höhentraining vor einem Wettkampf in der Höhe die Leitungsfähigkeit dort verbessert, ist die Datenlage nicht eindeutig, was das Höhentraining zum Zweck der Leistungssteigerung im Flachland betrifft. Die Mechanismen des Höhentrainings, das die Leistung im Flachland verbessern soll, sind noch nicht vollständig geklärt. Als gesichert gilt, dass die durch den Sauerstoffmangel in der Höhe angeregte Blutbildung leistungssteigernd wirkt. Dieser Prozess setzt aber erst nach zwei bis drei Wochen kontinuierlichem Aufenthalt über 2000 bis 2500 Meter ein. In dieser Zeit nimmt jedoch die muskuläre Leistungsfähigkeit wegen der geringeren Trainingsintensitäten in der Höhe ab.
Im Leistungssport haben sich daher in den letzten Jahren zwei Formen des Höhentrainings durchgesetzt: Erstens das Konzept «sleep high – train low», also in der Höhe schlafen, um die positiven Effekte des Sauerstoffmangels auf die Blutbildung zu nutzen, das Training aber wie gewohnt im Flachland zu absolvieren, um die Trainingsintensitäten nicht reduzieren zu müssen. Und zweitens das hochintensive Training in die Höhe zu verlagern, um einen zusätzlichen Reiz auszuüben. Dennoch führen diese zwei logischen Konzepte nicht bei jedem zu einer Leistungssteigerung. Hier gibt es grosse individuelle Unterschiede.
Wenn überhaupt, ist Höhentraining zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Flachland also allenfalls sinnvoll für Hochleistungssportler, die ihr Training im Flachland maximal ausgereizt haben. Aber selbst bei ihnen ist es umstritten, ob es wirklich den erhofften Nutzen bringt. Amateursportler haben in punkto Training selten alles optimiert. Für ein bestmögliches Ergebnis am Saisonhöhepunkt (vorausgesetzt der Wettkampf findet im Flachland statt) profitieren sie wahrscheinlich von einer Trainingsoptimierung deutlich mehr als vom Höhentraining.
Wer sich trotzdem für ein Höhentrainingslager entscheidet, sollte berücksichtigen, dass erfahrungsgemäss das Leistungsmaximum erst etwa zwei Wochen danach zu erwarten ist. Aber auch hier muss jeder seine eigenen Erfahrungen machen.
Tipps
- Der Aufenthalt in der Höhe wirkt wie ein Stressfaktor für den Körper. Bis er sich beispielsweise an eine Höhe von 2000 bis 2500 Meter akklimatisiert hat, vergehen rund zehn bis vierzehn Tage.
- Wer sich seriös auf einen alpinen Wettkampf vorbereiten will, führt am besten ein Trainingstagebuch und trainiert regelmässig in der Höhe.
- Das Nonplusultra bei der systematischen Vorbereitung auf einen Höhen-Wettkampf sind ein erfahrener Trainer und/oder eine Leistungsdiagnostik in der Höhe. Allerdings ist diese teuer und es gibt nur sehr wenige Anbieter.
- Reicht die Zeit vor einem Alpinlauf nicht für ein gutes Höhentraining, sollte man vorher zumindest ein paar Mal in der Höhe trainieren um Erfahrungen zu sammeln.
- Wer auch dafür keine Möglichkeit hat, der reist am besten unmittelbar vor dem Wettkampf an. Die Leistungsfähigkeit in der Höhe ist in den ersten Stunden (maximal am ersten Tag) nach der Ankunft noch am besten. Danach fällt sie ab.
- Ein Training in simulierter Höhe ist nur dann sinnvoll, wenn dort auch spezifisch trainiert werden kann.