Zoe Albisetti (30) aus Freiburg läuft trotz Morbus Becherew Halbmarathons und bestreitet Triathlons. Swiss-Running hat mit ihr gesprochen und bewundert ihren Lebensmut und die Fröhlichkeit, mit welcher sie auf der Laufstrecke unterwegs ist. Wir freuen uns auf deinen ersten Marathon-Finish, Zoe!
Zoe Albisetti, du hast die Diagnose Morbus Becherew* Ende 2016 erhalten. Was bewirkte diese?
Zoe Albisetti: Das war nicht einfach. Gleichzeitig aber war diese Diagnose die Erklärung für die immer häufigeren und stärkeren Schmerzen im Rücken und anderen Teilen des Körpers. Schon ein paar Jahre vorher hatte ich eine Totalblockade des Körpers, ich konnte kaum gehen, die Arme nicht heben, die Hände nicht mehr öffnen, und, und, und. Die Diagnose ermöglichte mir, ernst genommen zu werden. Und sie gab mir einige Anhaltspunkte, um meine Schmerzen zu lindern.
Was rieten die Ärzte?
Sie skizzierten mir einen Weg. In Bezug auf den Sport sagten sie: Mit Laufen sei nun Schluss, darauf müsse ich mich einstellen. Sie rieten zu sanften Sportarten, die den Rücken schonen.
Das wolltest du nicht wahrhaben?
So nicht, nein. Ich begann sämtliche Energie in die Heilung zu investieren. Auf völlig unterschiedlichen Kanälen erkundigte ich mich nach alternativen Wegen. Dabei wurde mir immer klarer: Ich werde meinen Lebensstil radikal umstellen – in Bezug auf den Sport, die Ernährung, meine Lebensweise.
Wie bist du diese Aufgabe angegangen?
Ich fasste den Vorsatz: Ich will mich lebendig fühlen. Meditation, Yoga, Atemübungen, Stretching, Muskelaufbau, kalt duschen – ich baute ein Zweistundenprogramm am Morgen vor der Arbeit auf. Es begleitet mich bis heutet. Hinzu kommen Visualisieren, das Führen eines Kreativtagebuchs und eine vegane, glutenfreie Ernährung. Und vor allem ich entdeckte meine Leidenschaft fürs Laufen – eine echte Befreiung. So baute ich ein neues Vertrauen auf in meinen Körper auf.
Das Laufen ist zentral geworden?
Genau. Mittlerweile renne ich Halbmarathons und bestreite Triathlons. Mein Sport-Traum: Einmal einen grossen Marathon im Ausland laufen und mein Hobby Laufen mit dem Hobby Reisen verbinden.
Spielen Rang und Zeit eine Rolle?
Sie sind sekundär. Ich treibe den Sport für mich. Aber ich schaue im Wettkampf wie im Training auf die Uhr. Ich will Fortschritte sehen. So freute ich mich letzten Herbst riesig, als ich im ersten Rennen in meinem Herkunftskanton Tessin bei der Penziamo in Chiasso als Dritte aufs Podest kam. Ebenso wirken meine 1:25-Stunden bei Murten-Freiburg von 2019 nach. Ich kam unter die besten 150 bei den Frauen.
Und wie profitierst du im Alltag von deinem aktiven Lebensstil?
Ich fühle mich meist sehr lebendig, gesund, leistungsfähig. Aber ich muss auch eingestehen: Ohne Rückschläge, ohne Schmerzen, neue Schwierigkeiten geht es nicht.
Was charakterisiert dich als Läuferin?
Ich bin immer mit einem Lächeln unterwegs. Jedes Mal, wenn ich renne, spüre ich eine tiefe Dankbarkeit dafür, dass ich mich so bewegen kann. Ich komme zu einzigartigen Emotionen und kann in meinen funktionierenden Körper hineinhorchen. Ich trage viele Träume mit.
Kannst du ein besonderes Rennerlebnis hervorheben?
Für besondere Glücksgefühle sorgte das 10-km-Rennen am Giro Media Blenio. Dort begleitete ich einen sehbehinderten Läufer als Guide. Dabei wurde mir noch bewusster, welchen Gewinn an Lebensqualität das Laufen bedeuten kann – mit welchem sichtbaren oder unsichtbaren Handicap auch immer.
*Morbus Becherew gehört zu den chronischen Erkrankungen. Sie führt durch Entzündungsprozesse in den Wirbelgelenken zu einer Versteifung der Wirbelsäule.
Das Gespräch mit Zoe Albisetti führte Jörg Greb.
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