Rob Newton et Léo de Riedmatten et
Rob Newton et Léo de Riedmatten (Photo : Rob Newton et Léo de Riedmatten)

«In der ersten Woche zweifelten wir noch»

Der Walliser Léo de Riedmatten und der gebürtige Engländer Rob Newton lernten sich an der Primarschule in Genf kennen. Seither sind sie befreundet, auch wenn sie studien- und berufshalber örtlich weit getrennt sind und waren. Mit ihrem Running-Projekt und dem Laufen in jedem Kanton sind sie spannende Wege gegangen.

Rob Newton und Léo de Riedmatten, ihr habt eine ausgefallene Idee umgesetzt: an 26 Tagen in jedem der 26 Schweizer Kantone je 26 km laufen. Euer Fazit?
Léo und Rob: Grossartig: spannend, vielseitig, bereichernd, aber auch anspruchsvoll.

Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Léo: Sie begann sich vor 3 Jahren zu entwickeln – zuerst in unseren Köpfen. Aufgrund der Covid-Pandemie entdeckten wir das Rennen. So konnten wir uns treffen und etwas zusammen unternehmen. Der soziale Aspekt stand im Vordergrund. Das Reden war wichtiger als das Rennen.

Rob: Basis für unsere Idee lieferte Nick Butter mit seinem Buch: «Running the World». Wir lasen dieses Buch beide, waren begeistert vom Vorhaben, in jedem Land der Welt einen Marathon zu absolvieren. Wir wollten etwas Ähnliches kreieren: angepasst auf uns, regional und weniger ambitioniert.

Heisst?
Rob: Wir orientierten uns als Basis am Halbmarathon und kamen so auf die 26 Kantone der Schweiz und die 26 km. Zwischen dem 19. Juni und dem 14 Juli waren wir schliesslich unterwegs.

Wie habt ihr eure Strecken ausgewählt?
Rob: Wir wendeten uns an Laufklubs in den betreffenden Kantonen, In der Romandie kannten wir uns aus, in der restlichen Schweiz überhaupt nicht.  

Léo: Spannende Konstellationen ergaben sich. Etwa in Basel. Dort organisierte der kontaktierte Verein Basel Dragons ein Aufeinandertreffen und etliche rannten mit uns.

Wie viel Planung steckte dahinter?
Léo: Einiges. Wir legten im Voraus Abläufe fest, kontaktierten Hotels, Bekannte, Freunde. So hatten wir ein Gerüst, das für Planungssicherheit sorgte. Vieles lief trotzdem sehr spontan. Oft entschieden wir erst am Abend, wie es am folgenden Tag weitergeht.

Rob: Das Laufen, das Reisen im Zug, das Erholen, Essen und Schlafen war nicht das Einzige, was den Tag prägte. Wir wollten auch jeden Tag ein Video hochladen, das unseren Qualitätsansprüchen entsprach. Das sorgte für viel Arbeit nebenbei.

Wie habt ihr euch finanziert?
Léo: Wir stiessen auf viel Goodwill und erhielten Zusagen zum Übernachten, so dass wir am Schluss nur für fünf Hotels bezahlen mussten. Sponsoren unterstützten uns finanziell. So konnten wir uns ein GA leisten.

Welcher Kanton hat es euch besonders angetan?
Rob: Glarus, dort hatte es wenig Touristen. Glarus war sehr naturnah, mit imposanten Bergen.

Léo: Schwierig zu sagen, Die Schweiz ist zwar klein, aber auch unglaublich abwechslungsreich. Mich hat der Kanton Schaffhausen fasziniert: auch ein kleiner Kanton, aber sehr vielfältig. Wir starteten in einem Weindorf, liefen am imposanten Rheinfall vorbei und erreichten das Ziel nach der Altstadt auf dem Munot. Das war ein sehr abwechslungsreicher und schöner Lauftag.

Dieses Running.Projekt forderte physisch ansehnlich. 26 Mal 26 km, das macht 676 km in knapp einem Monat. Wie habt ihr das erlebt?
Léo: Vor drei Jahren hatten wir gedacht: Ein solches Vorhaben, unmöglich für uns nicht machbar. Aber wir bereiteten uns intensiv vor. In den letzten Monaten vor dem Start liefen wir je rund 100 km pro Woche. Schliesslich bewältigten wir diese Herausforderung souverän. Das hat zu einem wunderbaren Gefühl geführt.

Rob: Und das macht auch etwas Stolz.

Was galt es zu bewältigen?
Léo: Während unserer Läufe war das Physische das Schwierigste. Vor allem in der ersten Woche sahen wir uns gefordert. Es galt, das Ganze zu adaptieren. Aber wir und unsere Körper gewöhnten sich an die Belastung. Unsere Idee beflügelte. Es lief immer besser, trotz der zunehmenden Müdigkeit.

Wie hat ein solcher Lauftag ausgesehen?
Rob: Da hat sich rasch eine Routine eingespielt. Damit wir etwa um 10 Uhr loslaufen konnten, standen wir um 8 Uhr auf und frühstückten. Da es in jenen Wochen nicht sonderlich warm war, konnten wir uns das erlauben und später losrennen als ursprünglich vorgesehen. Nach unseren Läufen, die je nach Witterung und Topografie zwischen zweieinhalb und vier Stunden dauerten, assen wir zu Mittag – und zwar so viel wie nur möglich. Am Nachmittag gönnten wir uns eine Siesta.

Léo: Zu sagen ist auch: Wir liefen gemütlich, so im 6-Minuten-Schnitt pro Kilometer. Ein gewisses Stresslevel begleitete uns trotzdem ständig. Gegen Abend fuhren wir mit dem Zug in den nächsten Kanton. Das war zeitweise sehr aufwändig und erforderte einige Stunden. Und da war auch ein Prinzip: Wir schauten, dass wir immer zu mindestens acht Stunden Schlaf kamen…

Und?
Léo: Ab und zu ein Nickerchen im Zug gehörte auch dazu. Schnell zeigte sich: Es war richtig und wichtig, dort zu übernachten, wo wir am Morgen losliefen.

Das Projekt hat auch in einem grösseren Rahmen gestanden.
Léo: Genau: Wir wollten auch etwas bewirken und zurückgeben mit unserem Rennen: Wir sammelten – und sammeln noch immer – fürs Projekt SPORTEGRATION. Dieses nutzt den Sport als Mittel zur Integration von Flüchtlingen in die Schweizer Gesellschaft. Beispielsweise werden sportliche Aktivitäten offeriert: in Laufclubs-, -treffs oder Boxkursen, Yoga und in vielem anderem…  

Rob: Für Flüchtlinge ist das Programm gratis. Bei unseren Läufen in den Kantonen wurden wir immer wieder von Flüchtlingen begleitet: in Basel, Zürich oder Bern.

War das Generieren von Geld erfolgreich?
Rob: Unser Ziel war 26’000 Franken. Noch haben wir diesen Betrag nicht ganz erreicht. Es fehlen noch etwa 6000 Franken. Wer also den tieferen Sinn erkennt: Hier die Kontaktadresse.

Zum Schluss: Gibt es bereits Pläne für etwas Ähnliches in Zukunft?
Léo: Ja. Wir wollen ein nächstes, ähnliches Projekt in Angriff nehmen. Zurzeit ist noch nichts konkret. Aber: Diese Art von Laufen wird uns nicht loslassen.

 

Das Gespräch mit Léo de Riedmatten und Rob Newton führte Jörg Greb.

 

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